Das neue GEG für Nichtwohngebäude: Das ist bei Neubauten und im Bestand zu beachten


23.02.2024 von Konstantin Köhler

Neben bekannten Regelungen wie dem 65 Prozent Erneuerbare-Energien-Anteil müssen Nichtwohngebäude Anforderungen bei der Gebäudeautomation erfüllen. Ein Gespräch mit Michael Krödel, Professor für Gebäudetechnik.

Prof. Dr. Michael Krödel ist Professor für Gebäudeautomation und Gebäudetechnologie an der Technischen Hochschule Rosenheim sowie Geschäftsführer des „IGT – Institut für Gebäudetechnologie“ in Neubiberg. Als Experte für Gebäudeautomatisierung und Energieberater für Nichtwohngebäude berät er Immobilienunternehmen bei der Projektentwicklung und Revitalisierung von Bestandsgebäuden.

Herr Professor Krödel, was bedeutet das neue GEG für gewerblich genutzte Nichtwohngebäude?

Ein wichtiger Paragraf ist der 71a Gebäudeautomation. Hier werden Anforderungen formuliert, Einsparpotenziale im Bereich Heizen, Lüften und Klimatisieren zu heben. Und es gibt einen Mindest-Automationsgrad für Nichtwohngebäude, der zu beachten ist.

Hier muss man aber unterscheiden zwischen Neubauten und Bestandsgebäuden.

Bei neu zu errichtenden Gebäuden gilt der Mindestautomationsgrad B.

Bei Bestandsgebäuden mit einer Heizungsanlage und/oder Klimaanalage von mehr als 290 Kilowatt Nennleistung gibt es unterschiedliche juristische Interpretationsmöglichkeiten. Generell liegen aber Anforderungen auf dem Tisch, mit denen man sich befassen muss, wenn man in der Planung, Errichtung oder Modernisierung von Nichtwohngebäuden aktiv ist.

Wie lässt sich das praktisch umsetzen?

Bei der Errichtung oder Revitalisierung von Gebäuden müssen ganz klar in den Anforderungskatalog vier Automationsanforderungen reingeschrieben und umgesetzt werden. Bei großen Liegenschaften sollte hier zum Beispiel ein Fachplaner für Gebäudeautomation zu Rate gezogen werden. Bei kleineren Gebäuden geht es wahrscheinlich auch ohne.

Wie leicht die Umsetzung ist, hängt sicher davon ab, wie groß die Liegenschaft ist.

Sie sprechen von juristischen Interpretationsmöglichkeiten für Bestandsgebäude. Was heißt das?

Bei Bestandsgebäuden ist unklar, wie viel wirklich gefordert wird. Das Gesetz ist so formuliert, dass es unterschiedlich ausgelegt werden kann.

Eine Möglichkeit ist, dass auch Bestandsgebäude mit einem Automatisierungsgrad B nach der DIN V 18599-11 ausgestattet werden müssen. Die andere ist, dass diese Anforderung nur für Neubauten gilt.

Sollte sich letztere Interpretation durchsetzen, dann bleibt aber trotzdem die Anforderung, dass Bestandsgebäude generell ein System für die Gebäudeautomatisierung brauchen – ohne dass das Gesetz präziser formulieren würde, wie genau das auszusehen hat.

Das ist meiner Meinung nach der schlechtere Weg. Besser wäre es, auch für Bestandsgebäude den Mindestautomatisierungsgrad B gelten zu lassen. Denn: Das sind überschaubare vier Anforderungen. Und alle wüssten, woran sie sind und was gilt.

Und falls die Rechtsprechung dazu kommt, dass der Automatisierungsgrad B für Bestandsgebäude nicht gilt?

Dann würde zum Beispiel in Fällen, die vor Gericht landen, ein Sachverständiger eingeladen. Der würde gefragt: Was verstehen Sie unter einem System für die Gebäudeautomatisierung?

Ich selbst bin manchmal Sachverständiger vor Gericht. Und wenn ich gefragt würde, dann würde ich deutlich mehr Anforderungen auf den Tisch legen, als es der Automatisierungsgrad B nach der DIN V 18599-11 formuliert.

Also: Jemand, der eine Revitalisierung plant, sollte auf jeden Fall gewisse Anforderungen formulieren und nicht davon ausgehen, dass für Bestandsgebäude nichts gilt. So ist es nämlich nicht.

Wie groß ist aus Ihrer Sicht die Dringlichkeit, die Umsetzung des GEG zu prüfen?

Ich persönlich glaube nicht, dass die Bauämter oder Ordnungsämter mit Checklisten durch die Gebäude gehen und prüfen, ob zum Beispiel eine Einzelraumregelung vorhanden ist oder nicht. Im Bestandsgebäude, denke ich, kann man die Füße relativ lange stillhalten.

Ich spekuliere mal: Selbst, wenn das jemand mitbekommt, wird vermutlich erstmal ein Bußgeld angedroht oder eine Warnung erteilt.

Aber: Wenn ein Gebäude sowieso renoviert wird und die Heizungsanlage womöglich auch angefasst wird, dann fällt das Upgraden der Gebäudeautomation kostenseitig nicht ins Gewicht.

Ich möchte aber darauf hinweisen, und das ist mir wichtig: Eine bessere Regelung im Bereich Heizen, Lüften und Klimatisierung ist in Sachen Energieeffizienz sinnvoll. Und es spart Betriebskosten. Was das GEG fordert, ist generell zu begrüßen.

Und selbst, wenn ich ein Bestandsgebäude eigentlich nicht renovieren will: Wenn ich den Energieverbrauch reduziere, hat sich die Maßnahme womöglich rein finanziell schnell amortisiert – unabhängig von den Vorgaben des GEG.

Welche zukünftigen regulatorischen Entwicklungen sind heute schon absehbar?

Auf EU-Ebene ist schon absehbar, dass die Regeln für die Gebäudeautomation und intelligente Regelungen weiter verschärft werden. Das könnte sich dann auch in einem neuen GEG niederschlagen, womöglich schon in wenigen Jahren.

Außerdem wird gerade die VDI-Richtlinie 3814 überarbeitet. Darauf sollte man einen Blick haben, insbesondere das Blatt 5 "Energieeffizienz".

Worin besteht aus Ihrer Sicht die Herausforderung, ein großes Gebäude optimal zu regeln?

Das ist komplex. Wenn zum Beispiel zu einer bestimmten Uhrzeit in einer bestimmten Etage eine bestimmte Komforttemperatur erreicht werden soll, dann müssen Sie aufpassen, dass die Lufttemperatur nicht zu schnell steigt, denn die Wand muss sich mit aufheizen.

Dann gibt es ja nicht nur Stellantriebe in den Räumen, sondern auch Vorlauftemperaturen, Mischkreise, Pufferspeicher, Lüftungen und mehr – hier die optimale Strategie zu finden, zu welchem Zeitpunkt zum Beispiel der Wärmeerzeuger im Keller welches Temperaturniveau zur Verfügung stellt, ist komplex.

Deswegen wird standardmäßig mit festen Soll-Werten gearbeitet, und dann gibt es ein Über-Angebot an Wärme. Und der Energieverbrauch ist höher als für die gewünscht Raumtemperatur und Luftqualität eigentlich nötig ist.

Mit einer optimierten Regelung ist man schnell in der Größenordnung 20 Prozent Einsparung und mehr. Diese Potenziale lassen sich heute mit guten IT-Methoden heben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zusammenfassung:

  1. Für Bestandsgebäude gelten die Absätze 1, 2 und 4 aus dem GEG § 71a Gebäudeautomation.
  2. Zusätzlich müssen Bestandsgebäude mit einem System für die Gebäudeautomatisierung ausgestattet sein. Wie genau das auszusehen hat, ist noch nicht eindeutig geregelt. Sicher ist: Für Bestandsgebäude gilt nicht nichts.
  3. Für Neubauten gelten die Absätze 2 und 3. Sie müssen die Anforderungen des Automatisierungsgrad B nach der DIN V 18599-11: 2018-09 oder besser erfüllen.

Unser Monitoring, die selbstlernende, prädiktive Regelung und die dadurch automatisch gehobenen Einsparpotenziale zahlen auf die GEG-Konformität ein. Sprechen Sie uns gerne an.

Konstantin Köhler war viele Jahre Journalist und Corporate Writer für Technikthemen. Der erfahrene Content-Spezialist ist bei Recogizer verantwortlich für Kommunikation & Marketing. Sein Anliegen: Authentische und hilfreiche Informationen liefern und komplexe Themen verständlich machen.

Konstantin Köhler | Head of Communications


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